Über eine meiner Klientinnen der Psychologischen Online-Beratung, bin ich auf den Begriff Vystopie gestoßen.
Die durch die Psychologin Clare Mann 2017 geprägte Wortneuschöpfung, setzt sich aus den englischen Wörtern veganism und dystopia zusammen (engl. Vystopia).
Laut Definition der Vystopie, beinhaltet diese die Existenzkrise, die hauptsächlich Veganer erfahren, welche den trance-ähnlichen Zustand unserer dystopischen Gesellschaft wahrnehmen. Hieraus ergibt sich eine Art Weltschmerz, welcher mit der Gewahrwerdung dessen, welche Grausamkeiten minütlich hinter verschlossenen Türen stattfinden und dem Gut-bürgerlichen Auge verborgen bleiben, verbunden ist.
Die sich im Anschluss an die Erkenntnis ergebende empathische Renaissance hinsichtlich des täglich stattfindenden, weltweiten Tierleids, führt zu einer starken emotionalen Erschütterung. Diese wird weiter durch den Umstand, dass obgleich die eigene Erkenntnis stattfand, häufig das gesamte Umfeld weiterhin in Unkenntnis lebt, belastet.
Zusätzlich führen das Unverständnis bis hin zu Anfeindungen anderer Mitmenschen zu Isolations- und Einsamkeitsgefühlen. Gepaart werden diese mit aufkommendem Hilflosigkeitserleben (“Die Tiere leiden und ich kann nichts tun / Jemand muss Ihnen doch helfen.”) und Hoffnungslosigkeit, sodass sich hieraus der empfundene Weltschmerz ergibt.
Zusammengefasst bedeutet dies für Viele: “Ich erkenne was schief läuft, welche Grausamkeiten und welches Leid hilflosen Lebewesen zugefügt werden, jedoch hört mir weder jemand zu, noch werde ich ernst genommen und ich bin dem Ganzen ausgeliefert.”
Clare Mann beschreibt dass eine Möglichkeit dem Weltschmerz zu begegnen der Aktivismus sei. Dieser setzt am o.g. Hilflosigkeitserleben an. In dem ich aktiv etwas tue und mich einsetze trete ich aus der sog. “Opferrolle” heraus, verlasse die Passivität und setze mich im Sinne der neu gewonnenen Erkenntnisse für die Hilfsbedürftigen ein.
Mit dem konstruktivem Aktivismus einhergehend, findet obendrein eine Vernetzung zu Gleichgesinnten statt. Diese wiederum kann die Einsamkeits- und Isolationgefühle aufheben, da man sich nun unter Menschen mit der gleichen Erkenntnis und ähnlichen Einstellungen befindet.
Selbstverständlich muss nicht jeder, welcher diesen Weltschmerz an sich feststellt und sich mit diesem auseinandersetzt zum Aktivisten werden. Dennoch birgt der Aktivismus eine Möglichkeit den eigenen Empfindungen zu begegnen.
Des Weiteren und womöglich für jene welche sich zurückhaltend dem Aktivismus gegenüber wiederfinden, hilft Vernetzung und die Suche nach Gleichgesinnten. Manchen hilft auch bereits der Umstand, dass es einen Begriff für die eigenen Empfindungen und Schwierigkeiten gibt und man selbst eben nicht “abnormal” ist, sondern vielmehr hinter den Schleier einer Industrie geschaut hat.
/S.Schwinnen
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