In einer Welt, die sich rasant verändert, in welcher technologische Fortschritte und gesellschaftliche Umwälzungen neue Horizonte schaffen, wird oft übersehen, wie wichtig die Rückbesinnung auf uralte Weisheiten sein kann. Das Yin-und-Yang-Symbol, das für das Gleichgewicht und die Komplementarität von Gegensätzen steht, liefert uns eine zeitlose Perspektive auf die Pole der Männlichkeit und Weiblichkeit. Es ist ein Symbol der Ganzheit, das uns daran erinnert, dass diese beiden Kräfte, weit davon entfernt, isoliert zu existieren, in einem ewigen, dynamischen Tanz miteinander verwoben sind. Dieser Tanz, diese harmonische Verbindung wird in der heutigen Zeit mehr und mehr aufgeweicht. Dies führt zu vermehrten Unstimmigkeiten in Beziehungen zu anderen, aber auch in der Beziehung zu uns selbst.
Die Essenz von Yin und Yang
Im chinesischen Denken repräsentiert Yin traditionell das Weibliche: das Weiche, Empfangende, Nährende, die Dunkelheit und das Passive. Yang hingegen symbolisiert das Männliche: das Aktive, Durchdringende, Helle und Vorwärtstreibende. Doch es wäre zu einfach, diese Konzepte rein physisch zu interpretieren. Yin und Yang sind vielmehr archetypische Energien, die in jedem Menschen, unabhängig von Geschlecht, wirken. Sie stehen für den Ausgleich von Gegensätzen und die Notwendigkeit, sowohl Männlichkeit als auch Weiblichkeit in Harmonie zu leben, um innerlich und äußerlich Balance zu finden. Es ist wichtig zu verstehen, dass die jeweils kleineren Punkte für die gegenteilige Energie stehen. Dementsprechend trägt jede Frau auch einen kleinen Teil männliche Energie, sowie auch jeder Mann einen kleinen Teil weibliche Energie in sich trägt.
Männlichkeit und Weiblichkeit im Wandel der Zeit
Unsere moderne Gesellschaft erlebt gerade eine intensive Transformation in Bezug auf Geschlechterrollen. Jahrzehntelang waren strikte Rollenzuschreibungen der Norm: Männer als die klassischen Ernährer und Beschützer, Frauen als die Hüterinnen des Heims und der Familie. Diese starren Grenzen sind in den letzten Jahrzehnten erheblich aufgebrochen. Während das einerseits zu einer willkommenen Emanzipation geführt hat, gibt es andererseits auch eine wachsende Verwirrung darüber, was es bedeutet, männlich oder weiblich zu sein.
In der Gegenwart erleben wir eine zunehmende Verwischung dieser Grenzen – ein ständiges Hinterfragen von Rollen und Identitäten. Geschlechterfluidität und die Dekonstruktion von binären Geschlechtern sind aus meiner Sicht schwierige gesellschaftliche Entwicklungen, die zwar einerseits zu mehr Freiheit und Individualität einer Minderheit führen, andererseits jedoch auch hohe Kosten verursachen wie z.B. vermehrten Schwierigkeiten in der Paarbeziehung. Denn bei all diesem Wandel dürfen wir nicht vergessen, dass es auch ein Bedürfnis nach einem tieferen Verständnis von den grundlegenden Energien gibt, die uns ausmachen und die Grundlage unserer Essenz darstellen – das Yin und das Yang in uns allen.
Die Wichtigkeit der Rückbesinnung auf Männlichkeit und Weiblichkeit
Die Rückbesinnung auf die Essenzen von Männlichkeit und Weiblichkeit bedeutet nicht, dass wir wieder zu starren Rollenbildern zurückkehren müssen. Vielmehr sollten wir uns auf die universellen, archetypischen Kräfte besinnen, die diese Energien ausmachen. Verschwimmen diese Orientierungspunkte in Unsicherheit, fällt es zunehmend schwerer sich haltgebend auf die eigene Essenz zu beziehen.
In meiner psychologische Onlineberatung sowie im therapeutischen Kontext arbeite ich zunehmend mit Frauen, welche sich völlig überfordert, durch den Versuch Karriere zu machen und gleichzeitig Mutter zu sein, fühlen. Sie machen sich selbst Vorwürfe, dass sie genau das schaffen müssten. Diese Ideen werden hauptsächlich durch feministische Vorbilder und Social Media geprägt. Verstehen Sie mich nicht falsch, es geht hierbei nicht darum, dass Feminismus per se schlecht ist, es geht darum dass es auch Schattenseiten gibt, welche sich dann in meiner Beratung oder Therapie zeigen. Die Hauptarbeit besteht darin, diese überzogenen Selbstansprüche wieder abzubauen, denn, auch wenn wenige Familie und Karriere "unter einen Hut bekommen", gibt es immer mehr Frauen die bei dem Versuch scheitern. Dieser Artikel soll eine Entlastung für all Jene schaffen, welche an sich selbst, statt an dem propagierten Konzept zweifeln.
Nicht nur Frauen kommen zur Beratung oder Therapie, auch immer mehr Männer, welche Unsicherheiten bis hin zu Ängsten ihrer Männlichkeit gegenüber empfinden. Der omnipräsente Diskurs bezüglich toxischer Männlichkeit führt zu Hemmungen und Abwendung von der eigenen Essenz. Zusätzlich fehlen maskuline Rollenvorbilder, die sich Ihrer Männlichkeit bewusst sind und diese im positiven Sinne leben.
Aus meinem Empfinden heraus kann daher in der heutigen Zeit, in der es oft an Orientierung mangelt und viele Menschen nach Stabilität und Identität suchen, das Yin-und-Yang-Symbol eine wertvolle Orientierungshilfe sein. Es erinnert uns daran, dass Stärke und Weichheit, Aktivität und Passivität, Durchsetzungskraft und Empfänglichkeit kein Widerspruch sind, sondern zusammengehören.
Die Balance zwischen den Kräften
Männlichkeit, im Sinne von Yang, ist die Kraft, die handelt, durchsetzt, Grenzen setzt und Ziele verfolgt. Weiblichkeit, im Sinne von Yin, ist die Fähigkeit, Raum zu halten, zu empfangen, zu nähren und zu heilen. In einer gesunden Balance verkörpert jeder Mensch – ob männlich oder weiblich – Aspekte beider Energien. Ein Mann, der nur seine Yang-Energie lebt, ohne Yin zu integrieren, könnte zu hart, unflexibel und emotional abgeschnitten sein. Eine Frau, die nur Yin lebt, könnte Schwierigkeiten haben, Grenzen zu setzen und ihren Willen durchzusetzen.
In einer Beziehung zueinander, können beide den jeweils anderen Pol ergänzen und diese ebenso ernähren. So kann ein eher rational gestalter Mann, den Ruhepol für die emotionalen Seiten der Frau darstellen. Ebenso kann die eher emotionale Frau, den Mann an seine emotionen heranführen und diesem helfen diese auszudrücken.
Das es einen Unterschied gibt, zeigt sich insbesondere beim Neurofeedback. In den EEG Untersuchungen welche an einem PC die Aktivität der einzelnen Gehirnhälften darstellt, zeigen sich unterschiedlich gelagerte Gewichtungen bei der Nutzung der beiden Hirnhälften.
Bei Frauen ist die rechte Hälfte stärker ausgeprägt, welche für die emotionale Verarbeitung steht. Umgekehrt ist es bei Männern. Diese nutzen in einem stärkeren Ausmaß die linke Hirnhälfte, welche für das rationale Denken steht.
In meinen Augen ist es wichtig, die Unterschiede zu akzeptieren, ohne diese mit einer Wertung zu versehen. Weder das eine noch das andere ist besser. Beides ist ergänzend und vervollständigend.
Diese Balance ist daher in unserer Zeit besonders wichtig, da wir auf individueller und kollektiver Ebene das Bedürfnis nach Ganzheit und Heilung verspüren. Der Verlust von klaren Rollen kann wie weiter oben beschrieben zu Unsicherheit führen, und deshalb kann die bewusste Integration der weiblichen und männlichen Essenzen in uns allen zu einem tieferen Verständnis unserer Selbst und unserer Beziehungen führen.
Fazit: Yin und Yang als Schlüssel zur Zukunft
Die heutige Gesellschaft ist in einem ständigen Wandel, und mit ihm wandeln sich auch die Konzepte von Männlichkeit und Weiblichkeit. Dennoch sollten wir uns daran erinnern, dass das Streben nach einer inneren Balance dieser beiden Kräfte uns helfen kann, den Herausforderungen der Moderne mit mehr Ausgeglichenheit, Klarheit, Verbundenheit und weniger mit Spaltung zu begegnen.
Es dementsprechend darum, die zeitlose Weisheit von Yin und Yang auf eine neue, integrative Weise zu leben – als Leitfaden für ein erfülltes, harmonisches Leben in einer sich wandelnden Welt.
Die Rückbesinnung auf die Archetypen von Männlichkeit und Weiblichkeit ist in diesem Sinne eine Rückkehr zu uns selbst die zu einem gesunden Selbstvertrauen und einem erhöhten Selbstbewusstsein verhelfen kann.
/S.Schwinnen
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